Im Nationalpark Tortuguero liegt das gleichnamige Dorf, unser Ziel an der Karibikküste, das wir uns letztes Wochenende für einen Ausflug ausgesucht hatten. Als Nordseekind hat mich die Aussicht auf eine besonders lange Bootsfahrt auf dem La Suerte Fluss und auf dem Palma Kanal begeistert und dann auch entspannt.
Nach den doch ziemlich anstrengenden ersten Wochen der komplett neuen Lebensumstände gönnen wir uns eine wahre „Touri-Tour“, so ganz bequem mit allen Vorzügen einer lokalen Reiseleitung in einer kleinen, internationalen Gruppe. Tortuguero liegt an der Karibikküste von Costa Rica, etwa 40 km von der nicaraguanischen Grenze entfernt in der Provinz Limón. Da wir jetzt schon mehrfach die Erfahrung gemacht haben, dass wir Entfernungen besser in erlebten Zeiteinheiten statt in km zählen (wir kommen immer mindestens 2 Stunden später nach Hause als angenommen), bedeutet dieser Ausflug von Escazú bis zum Ziel ca.4 Stunden : 1 Stunde Busfahrt, 90 Minuten „Intensivmassage“ und 1,5 Stunden Bootsfahrt.
Unsere kostenlose „Massagefahrt“ beginnt in Guápiles, eine Stadt von ca.17.000 Einwohnern, die Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau der Eisenbahn entstand (die Eisenbahn wurde für den Bananentransport über viele Jahrzehnte hinweg gebaut, jedoch in den 80er Jahren von einem Erdbeben zerstört und nicht wieder hergestellt). Wir fahren auf einer unbefestigten, überaus grob geschotterten Strasse entlang großer Bananenplantagen, die sich mehr als 36 km hinziehen.
Ein Faultier auf dem Wege schenkt uns eine erholsame Pause von der „Massage-Tour“. Der „two-toed sloth“ hangelt sich im Zeitlupentempo mit seinen zwei Fingern von Ast zu Ast. Da es sich fast ausschliesslich nur von den Blättern des Baumes ernährt, die ihm wenig Energie liefern, kommt es nur sehr langsam voran und schläft bis zu 16 Stunden. Auch der Stoffwechsel ist entsprechend langsam, es heisst, dass unser Freund nur alle 7 ! Tage mal den Baum verlässt, um seine „morgendliche Sitzung“ abzuhalten.
Fremde Kulturen, Land und Leute kennenzulernen, dies alles nicht nur zu sehen, sondern auch ein wenig zu verstehen, ist sicher einer der spannendsten Gründe, einmal so weit weg von unseren Lieben zu leben.
Auf dieser Fahrt haben wir Wichtiges über Bananen und Bananenanbau gelernt (50.000 ha mit ca 50.000 Arbeitern), das primäre Exportprodukt von Costa Rica (danach Ananas, Melonen und Kaffee).
Die zwei bis fünf Meter hohen Stauden werden auf großen Plantagen angebaut. Die Stauden stehen dicht an dicht, was die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen begünstigt (mehr als 200 Insektenarten). Es wird kräftig gespritzt: 40 kg Pflanzenschutz pro Hektar und Jahr. Während des Wachstums erhalten die Fruchtstände, an denen sich die Bananenfrüchte entwickeln, Plastikhüllen, die von innen mit Pestiziden imprägniert sind. Zusätzlich werden die Mittel gegen Unkräuter, Würmer, Insekten, Schimmel aus Flugzeugen und per Hand gesprüht.
Die Arbeit auf Bananenplantagen ist hart und wird schlecht bezahlt. In der Regel drücken die Plantagenbesitzer die Arbeiter unter die gesetzlichen Mindestlöhne. Träger, Wäscher und Verpacker sind Tagelöhner, in Costa Rica kommen die meisten aus Nicaragua. Ich habe einen Brief von einem Bananenarbeiter gelesen und glaube nach den Gesprächen mit Einheimischen und den Aufpassern an der Chiquita Plantage, die uns das Fotografieren verboten haben, dass dieser Brief auch heute noch seine Gültigkeit hat. Ich denke, da gibt es nur eine einzige Alternative, Bananen aus ökologischem Anbau und Fairem Handel zu kaufen.
Nach einer traumhaft schönen Flussfahrt mit vielen unvergesslich schönen, wildromantischen Einblicken in den Regenwald
erreichen wir das Dorf Tortuguero, das nur per Boot oder Flugzeug erreichbar ist, Autos gibt es hier nicht.
Der Name bedeutet „Platz, an den die Schildkröten kommen“ . In der Zeit von Juli bis September legen Tausende von Schildkröten ihre Eier auf dem 36 km langen Strand ab (Grüne Meeresschildkröte). In den Monaten September bis Dezember machen sich dann die frischgeschlüpften Schildkröten auf den Weg zurück in den Pazifik und kommen 25 Jahre später wieder, um ihre Eier an der gleichen Stelle in den warmen Sand einzugraben.
Heute ist Ostern, deshalb noch ein paar Eindrücke vom hiesigen Osterfest. Die „Semana Santa“ ist geprägt von geschmückten Vorgärten und Vorbereitungen auf das große Fest.
Ab Donnerstag haben (fast) alle Leute frei und jeden Tag bis Ostersonntag sind morgens und abends Prozessionen in jeder Kirche, landauf, landab. Wir haben heute an der Prozession und dem Gottesdienst von unserer Kirche in Escazú teilgenommen. Es war beeindruckend, mit wieviel Begeisterung und Andacht, mit wieviel Lebensfreude und Besinnung Jung und Alt die Auferstehung gefeiert haben.
Während des Gottesdienstes hat uns berührt, dass uns die Menschen um uns herum die Hand reichten, um uns Frieden zu wünschen. Da, wo bei uns die Orgel steht, spielte eine Kapelle Gottesdienstlieder, die einluden mitzuklatschen (manche tanzten sogar). Schliesslich ging dieser für uns fremdartige und rhytmisch so mitreissende Gottesdienst zu Ende mit dem bekannten Gospelstück When the Saints go marching in.
Mit diesen Eindrücken wünschen wir Euch allen noch einen schönen Ostermontag.
…wieder ganz großartig, was Ihr alles erlebt habt und wie supertoll Ihr das beschreibt!! Und der Gottesdienst muß ja wirklich „mitreißend“ gewesen sein…Danke fürs Teilhabenlassen…und hoffentlich werdet Ihr nicht süchtig nach kostenlosen Popomassagen… 🙂
Schönen Ostermontag auch für Euch..hier gibts ja noch nicht mal Ostern..nur im Herzen!
Drückerle aus den Tropen und viel Wärme für Euch von Ingeborg
Ihr Lieben,
das war nun noch das „Sahnehäubchen“ für uns zu Ostern, Euren interessanten Bericht zu lesen! Einfach grandios!
Herzlichen Dank immer wieder, dass ihr uns an Eurem Leben so teilnehmen laßt! Dickes Knutschi!!
Sind schon auf den „Fortsetzungsbericht“ gespannt. Bestimmt ist jeder Tag für Euch Lieben aufs Neue ein Erlebnis und manchmal auch ein Abenteuer.
Nun noch einen angenehmen Ostermontag, an dem ihr ja nun leider arbeiten müßt, und wir sind in Gedanken bei Euch. 🙂
Umarmen Euch und dickes Bussi
Greta und Fritzi
Ihr Lieben,
danke Euch für den interessanten und informativen Reisebericht und sende Euch einen österlichen Gruß aus der Heimat.
Freue mich , dass Ihr so schöne Ausflüge in dieser herrlichen Natur unternehmt und mich daran teilhaben lasst. Bin schon gespannt, wie es weitergeht.
Hallo Ihr Lieben,
es ist immer wieder schönn, Eure Abenteuer zu verfolgen. Aber nur so könnt Ihr Euch ja ein richtiges Bild von Eurer „derzeitigen Heimat“ machen. Es hört sich alles spannend an und wir freuen uns immer wieder, von Euch zu hören. Laßt es Euch gut gehen, bis zum nächsten Mal.
Bussi Anke und Friedhelm
Aber Schildkröten gab es keine? Dann müsst ihr wohl nochmal hin. 🙂
Super Blog, sehr informativ und schoen gemacht.
Hallo, Ihr Lieben,
Ihr Lieben! Eure österliche Schilderung „Von Bananen und Schildköten“ zeigt, wie die Welt auch sein kann. Ich habe Euren Bericht mit großem Interesse verinnerlicht. Und dann habe ich doch zum Text gegriffen von Faust (beim Spaziergang mit Wagner) der für uns Daheimgebliebene zutrifft und dessen Anfang ich Euch in Erinnerung rufen darf: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche / Durch des Frühlings holden, belebenden Blick / Im Thale grünet Hoffnungs-Glück. / Der alte Winter, in seiner Schwäche / zog sich in rauhe Berge zurück. / …. Überall regt sich Bildung und Streben / Alles will die Sonne mit Farben beleben / Doch an Blumen fehlt´s im Revier / Sie nimmt geputzte Menschen dafür ….. Herzliche Grüße !
Hallo Dagmar, hallo Gerd,
danke für den netten Reisebericht. Wir sind heute erst wieder vom Bodensee
zurück gekommen. Die einzigen Faultiere dort waren wir!
Wir werden bald skipe haben und dann werden wir mal so richtig klönen denke
ich.Wie bekommt euch eigentlich das Klima? Was habt ihr denn für eine Luft=
feuchtigkeit? Sollen wir euch ein paar Bio- Bananen schicken?
Laßt es euch gut gehen. Liebe Grüße und bis bald
Eva und Berthold
Man hat bei euren Berichten beinahe das Gefühl, wie als wäre man live dabei! Les‘ Eure Berichte immer wieder gern 🙂 Alles Gute Euch! LG Fabi